Zettelwirtschaft ade
– die elektronische Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung (eAU)
Die neuesten Entwicklungen und Vorgaben heben die Telematikinfrastruktur (TI), den Grundstein für ein digitales Gesundheitswesen, auf eine neue Ebene. Erklärtes Ziel ist es, nach und nach neue digitale medizinische Anwendungen zu ermöglichen, aber auch bisher papiergebundene Prozesse komplett zu digitalisieren. In diesem Zusammenhang hält nun auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) immer mehr flächendeckend Einzug. Auch wenn die Testphase noch einmal verlängert wurde, wird die eAU schon bald für alle Ärzte gesetzlich verpflichtend sein. (Stand heute gilt eine Übergangsfrist für Praxen, welchen die notwendige Technik noch nicht zur Verfügung steht, bis 30. Juni 2022.) Die eAU birgt jedoch für alle Beteiligten – Arzt, Krankenversicherung und Patient – eine Vielzahl an Vorteilen.
Tagtäglich werden in Deutschland unzählige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Papierform ausgestellt. Mit der Einführung der eAU soll diese „Zettelwirtschaft“ der Vergangenheit angehören. Vielmehr kommt es zu einem gut funktionierenden Datenstrom, der einfach und praktikabel ist, eine Menge Zeit und Bürokratie spart und noch dazu gut für die Umwelt ist. Außerdem kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten darüber, ob eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig vorlag oder nicht. Auch dies soll durch die neue elektronische AU-Bescheinigung vermieden werden.
Unter einer eAU versteht man zunächst die digitale Information der Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten. Bislang musste dies durch den Patienten erfolgen. Nun übernimmt der Arzt diese Aufgabe – mit wenigen Klicks über die TI. Der Arzt ruft dazu zunächst wie gewohnt im Praxisverwaltungssystem eine AU auf, füllt diese aus, versieht sie mit einer digitalen Signatur per eHBA und versendet sie über den Kommunikationsstandard KIM an die Krankenkasse. Die Adressierung an die richtige Krankenkasse erfolgt dabei automatisch.
Tipp: Für die digitale Signatur empfiehlt sich im Praxisalltag die Komfortsignatur.
Nach dem elektronischen Versand der eAU besteht die Möglichkeit, eine Zustellbestätigung von der Krankenkasse anzufordern. Krankenkassen sind hierzu jedoch nicht verpflichtet. Daher gilt: Sollte bis 24 Stunden nach der Übermittlung der eAU an die Krankenkasse keine Fehlermeldung von deren Seite eingegangen sein, gilt die eAU als erfolgreich zugestellt.
Auch eine Stornierung der eAU ist möglich, solange diese innerhalb von fünf Werktagen nach Ausstellung erfolgt. Hierfür wird eine eigene KIM-Nachricht erstellt, die ebenfalls signiert und anschließend an die Krankenkasse übermittelt wird.
In näherer Zukunft soll auch die Information des Arbeitgebers digital – in diesem Fall dann durch die Krankenkasse – erfolgen. D.h. der Arbeitgeber fragt zukünftig die AU-Daten digital bei der Krankenkasse an und bekommt sie von dieser im Anschluss übermittelt. Geplant ist dieser Schritt ab dem 1. Juli 2022. Seit dem 1. Januar 2022 läuft jedoch ein gesetzliches Pilotverfahren: Arbeitgeber, die schon jetzt technisch dazu in der Lage sind, können die AU-Daten bereits heute elektronisch abrufen.
Der Patient erhält bis auf weiteres wie bisher einen per Hand unterschriebenen Papierausdruck als gesetzlich vorgesehenes Beweismittel. Außerdem hat der Arbeitnehmer weiterhin die Pflicht, dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit zu melden und diese ärztlich feststellen zu lassen.
Übrigens: Im Zuge der dritten Ausbaustufe der elektronischen Patientenakte (ePA) soll die eAU ab dem Jahr 2023 auch in der ePA digital abgelegt werden können.
Voraussetzung für die Umsetzung der eAU ist eine TI-Anbindung der Praxis. Hierfür benötigen die Ärzte mindestens einen E-Health-Konnektor, besser jedoch einen ePA-Konnektor. Zudem ist die Installation von KIM, ein eHBA 2.0 sowie ein PVS-Update zwingend nötig.
Hinweis: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist Stand heute nur für GKV-Versicherte elektronisch an die Krankenkassen zu versenden. Bei Nicht-GKV-Versicherten ist dies aktuell nicht möglich. Bis auf Weiteres werden diesen Patienten die Ausdrucke für die Krankenkasse, den Patienten und den Arbeitgeber wie gewohnt unterschrieben ausgehändigt. Auch die Ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes („Kinder-AU“) bleibt davon unberührt und ist weiterhin über das Muster 21 auszustellen.